Wer von Euch hat als Kind „Verliebt, verlobt, verheiratet“ gespielt? Genau, das Spiel, bei dem alle im Kreis stehen und sich einen Ball zuwerfen. Wer den Ball nicht fängt oder fallen lässt, ist beim ersten Mal verliebt, dann verlobt und beim dritten Mal verheiratet. Danach fliegt man raus.

Ich würde wirklich gern wissen, wer sich dieses bekloppte Spiel ausgedacht hat. Denn erstens: verheiratet sein als letzte Vorstufe zu „Du darfst nicht mehr mitspielen“ – hallo? (Ich hab mich schon als Zehnjährige geweigert, da mitzumachen. Allerdings lag das eher an meiner nahezu vollständig fehlenden Begabung in Bezug auf Ballspiele im Allgemeinen.) Zweitens: da fehlt doch was! Von verlobt zu verheiratet in einem Wurf, dazwischen nichts als ein Gedankenstrich – noch einmal: hallo?!

Brautliteratur

Außerhalb der Turnhalle trifft diese Reihenfolge einfach nicht zu. Wo bleibt der Zustand „verplant“? Ohne Planung keine Hochzeit. Das werden auch Paare unterschreiben, die sich für ein intimes Ja-Wort zu zweit entschieden haben, denndeutsche Standesämter könnten meiner Meinung nach den Zusatz „Planungserschwerungsbehörde“ führen.

Wer nicht an einem Dienstagmorgen um Acht im plastikblumendekorierten Trauzimmer des zuständigen Ortsamtes heiraten möchte, weiß, was ich meine.

Es ist ein so herrliches Gefühl, frisch verlobt zu sein und sich gemeinsam mit dem Liebsten auszumalen, wie sie aussehen wird, die perfekte Hochzeit. Ein paar Stunden mit den engsten Vertrauten oder ein 3-Tage-Wochenende mit allen Freunden und Bekannten? Im Garten der Schwiegereltern oder auf einem alten Gutshof ganz nah am Meer? Am Jahrestag oder an irgendeinem Sommersonnabend? Ein wunderschönes gemeinsames Projekt, besser als jedes Hobby!

 

Aber dann: die Antworten. Und die Ernüchterung.

„In unserem Bezirk wird sonnabends nicht getraut.“
„Der Saal ist an allen Wochenenden zwischen Mai und Oktober ausgebucht.“
„In unser Trauzimmer passen zehn Personen, das Brautpaar und den Standesbeamten mitgerechnet.“
„Die Saalmiete liegt bei 3.000 Euro für acht Stunden, plus Mindestverzehr.“

Da verkriecht sich die Euphorie erstmal hinter dem Stapel Brautliteratur im Wohnzimmer (Ihr wisst schon, Hochzeitsmagazine, gesammelte Prospekte und das eine oder andere Buch). Ich glaube, das muss so sein. Man sollte das Ganze als Herausforderung betrachten. Viele kleine Prüfungen auf dem Weg zum Ja-Wort. Eine Braut, die nicht daran verzweifelt, dass kaum etwas genau so umgesetzt werden kann, wie sie es sich, noch geblendet vom Funkeln des Verlobungsringes, anfangs ausgemalt hatte, und die ihren Partner auch dann aus tiefstem Herzen liebt, wenn dieser auf ihre hingebungsvoll ausgetüftelten und begeistert vorgetragenen Vorschläge abwechselnd mit: „Irgendwie finde ich das nicht so gut“ oder „Das wird alles viel zu teuer“ antwortet, findet so ganz nebenbei heraus, ob der Typ neben ihr auf dem Sofa WIRKLICH derjenige ist, mit dem sie den Rest ihres Lebens verbringen möchte.

Er wird (hoffentlich) nicht immer ihrer Meinung sein. Er wird einige ihrer Herzenswünsche entschieden ablehnen. Er wird Vorschläge machen, die in ihr einen Brechreiz oder Fluchtreflex auslösen. Und am Ende finden beide, dass aus abendfüllenden Diskussionen und zähen Machtkämpfen genau die Hochzeitsfeier geworden ist, die zu beiden als Paar so perfekt passt wie das maßgeschneiderte Designer-Hochzeitskleid, das nun doch „nur“ von der Stange ist. Und das Beste daran ist das Gefühl, gemeinsam etwas geschaffen zu haben, das allen Beteiligten ein glückliches Strahlen aufs Gesicht zaubert und noch umwerfender und schöner ist, als jede gestylte Fotostrecke es jemals vermitteln könnte.

Deswegen mein Tipp an alle zukünftigen Bräute: genießt den Zustand des Verplant-Seins. Fangt diesen Ball mit beiden Händen und habt Spaß am Spiel!

Es ist in Ordnung, wenn Ihr Euch vorstellt, den Liebsten mit dem Stoffmuster fürs Brautkleid zu erdrosseln, weil sich ihm der Sinn eines Sweet Tables nicht erschließt. Das gehört dazu. Der Liebste stellt Eure von Pinterest und Hochzeitsblogs (nur ganz vielleicht) über-inspirierte Brautphantasie auf den Prüfstand männlicher Sachlichkeit und Logik. Er ist sozusagen Euer Realitätsfilter, der dafür sorgt, dass Ihr mit beiden Füßen am Boden bleibt. Was er allerdings niemals tun würde: Euch einen Wunsch abschlagen, in den Ihr Euch mit Haut und Haar verliebt habt (so wie in ihn) und den Ihr so inbrünstig verteidigt, als ginge es ums nackte Überleben. (Welcher Wunsch das bei mir war, erzähle ich Euch nächstes Mal.)

Ihr habt so einen Mann gefunden? Herzlichen Glückwunsch. Dann kann nichts mehr schief gehen!

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