Ich habe eine Freundin in Frankfurt. Nennen wir sie Steffi. Steffi hat einen Mann, zwei kleine Kinder und einen Job. Dazu hat sie hat einen minutiös ausgeklügelten Zeitplan. Alles ist perfekt organisiert, zwischen Job, KiTa, Obststand mit den duftend reifen Mangos, Biobäcker und dem exklusivem Pre-Sale des Kinderkleiderbazars. Nur: Ich hatte bereits erzählt, dass sie in Frankfurt wohnt? Sie steht also im Stau. Jeden Morgen und jeden Abend. Der Zeitplan ist oft nicht einzuhalten. Steffi ärgert sich und ist gestresst. Genervt von sich, anderen, ihrer Situation, dass in Frankfurt immer Stau ist. Sie hatte doch alles so perfekt geplant! Ihr Mann kommt sehr spät von der Arbeit und verdreht gerne mal die Augen.
Als ich sie das letzte Mal traf habe, ich ihr von meiner Begegnung mit Samuel Koch erzählt. Der Mann ist fast komplett gelähmt und jammert nicht. Zumindest nicht öffentlich. Er braucht für fast alles Hilfe und träumt vielleicht davon, im Stau mit der Faust aus Lenkrad zu schlagen, genervt den Rückwärtsgang reinzuhauen, über die doppelt durchgezogene Linie umzudrehen und den Schleichweg zu nehmen. Die KiTa schließt in fünf Minuten.
Die Buddhisten sagen ja, dass wir selber für unsere Emotionen verantwortlich sind. Nicht die äußeren Umstände. Wenn wir beschließen glücklich zu sein — sind wir es dann auch? Zumindest können wir es versuchen. Meine Mutter würde sagen: Selbsterkenntnis ist der erste Weg zur Besserung. Anders ausgedrückt: man tut gut daran, seine Erwartungen seinen Möglichkeiten anzupassen. Und so zufrieden zu sein.
Oder man wagt etwas. Geht an die Grenzen der eigenen Möglichkeiten und ein bisschen darüber hinaus. Verschiebt ebendiese Grenzen. Feiert ein riesiges Hochzeitsfest mit 200 Gästen im Zirkuszelt auf der grünen Wiese. Mit Variete-Abend, Pferdekutsche und – ja: einem Hochzeitstanz.
Samuel Koch tanzt aus dem Rollstuhl in die Manege.
Alle Zuschauer, habe ich mir sagen lassen, waren von diesem Moment komplett elektrisiert. „Ein Mann stellt sich seiner Wahrheit“ – so hat es ein Gast formuliert. „Ich hatte wirklich Respekt“, sagt Samuel, „ich wollte ja auf keinen Fall lächerlich rüberkommen. Das Feedback zeigt: Es ist mir gelungen.“
Gelungen? Ja, ist es. Steffi und ich halten den Atem an und haben verstanden. Danke, Sarah und Samuel Koch für diesen Hochzeitstanz!
Viel mehr Fotos und Infos der Hochzeit von Sarah und Samuel mit unglaublich vielen tollen Details zeigen wir euch übrigens in unserem Print-Magazin. Solltet ihr Euch gleich bestellen. Ist eine der besten Ausgaben ever. Finden wir.
Fotos: Nancy Ebert | Brautpaar: Sarah Elena Timpe & Samuel Koch