Das allererste Mal in ein Brautkleid zu schlüpfen gehört zu diesen Momenten im Leben, für die man eine Pausentaste braucht. Mal kurz die Zeit und vor allem die Gedankendisco im Kopf anhalten und den Moment aufsaugen, damit er es sich für immer als schöne Erinnerung gemütlich machen kann im Gedächtnis. Ging Euch das auch so?Jessi ist ja eher so der Typ Sofort-und-hier-und-jetzt-gleich. Während andere noch überlegen, erörtern und diskutieren, was eventuell und gegebenenfalls möglich wäre, hat sie schon längst ihr Handy am Ohr. Keine vierundzwanzig Stunden nach dem Heiratsantrag stand die Location für die freie Trauung fest.
Zum Thema Hochzeitskleid hörte ich wenig später den Satz: „Ich glaube, ich werde mir eins schneidern lassen.“ Schnell erkannte ich meine wichtigste Funktion als beste Freundin und Trauzeugin: Beraten. Bremsen. Beruhigen. Ich schlug vor: „Lass uns doch erstmal ein paar Kleider anprobieren gehen.“
Unser Ziel: die Elbbraut in der Neustadt. Der kleine, etwas versteckt gelegene Brautkleid-Store erschlägt die Bride-to-be weder mit meterlangen Wänden aus Tüll, noch verströmt er diese „Bitte-nicht-anfassen“-Atmosphäre. Stattdessen: ein einladendes Sofa neben einem Riesenstapel Brautliteratur. Weiß gestrichene alte Rohrleitungen als Kleiderstangen. Knarzender Holzboden. Hier würde ich sofort einziehen! Ganz klar: wir haben den Ort gefunden, an dem die Brautkleider wohnen.
Schön ruhig ist es hier. Wir haben einen Termin und sind die einzigen Kundinnen im Laden. Theresa fragt Jessi nach ihren Vorstellungen und lässt uns dann auf die Kleider los. Fast alle unsere Favoriten hängen auf der Stange vorne am Fenster – Theresa nennt sie die Vintage-Ecke. Jessis Augen fangen an zu leuchten.
Gleich das allererste Kleid, mit dem Jessi aus der Umkleidekabine kommt, sieht aus, als würde ihr Name auf dem Etikett stehen. Der Schnitt, die Stoffe, die Farbe! {Wir dürfen hier nicht zu viel verraten, denn der Liebste liest mit und überhaupt soll Jessis Auftritt an ihrem großen Tag ja eine Atemnot verursachende Überraschung werden – also, für Marc und die Gäste natürlich, bitte nicht für die Braut!}
Nach acht Kleidern haben wir zwei in der engeren Auswahl. Theresa spendiert uns eine Runde Champagner und erklärt Jessi, dass sie sich ruhig Zeit lassen kann mit der Entscheidung. Sie kennt sich eben aus mit Bräuten.
Jessis Fazit: Es darf ruhig etwas pompöser sein für den großen Moment.
Ob ich auf diese Entscheidung Einfluss genommen habe?